Kapitel 1
Schnell nahm ich der Wache das Schwert ab und stürmte hinaus in den Hof. Ich hatte nur wenig Zeit. Viel zu viel Zeit hatte ich schon damit verbracht aus dem Gebäude zu fliehen. Bald würde der Tag wieder anbrechen. Der Tag. Der Klang dieses Wortes löste bei mir ein unwohles Gefühl aus, obwohl der Tag immer schöner war als die Nacht. Wenn ich an die Nacht dachte, dachte ich normalerweise ans ausruhen von den Strapazen, die man während des Tages erlebt hatte. Doch ich hatte nichts zu verlieren, außer meinem Leben.
Vorsichtig sah ich mich um. Keine Vorsicht zu zeigen wäre das Dümmste was man in so einer Situation machen konnte. Schnell huschte ich von einem Container zum anderen. Immer im Auge die Halbelfen. Ich schreckte zurück als ich zwei Stimmen hörte. Die eine Stimme klang ziemlich ungeduldig, die andere ruhig und gefasst. Ich schaute mit größter Vorsicht hinter dem Container hervor und sah nur ein Desian und jemand. Ob er auch ein Desian war? Der Jemand bereitete mir etwas Sorgen, doch ich hatte keine Zeit. Nahe dem Haupttor, wollte ich meinen Fluchtversuch nicht misslingen lassen. Doch wie kam ich an die zwei vorbei, ohne dass sie mich bemerkten? Musterte die zwei, als ich in die Augen des einen blickte. Ich hörte mein Herz rasen, meine Brust hob und sank sich immer schneller. Er hatte mich bemerkt. Angst überkam mich. Angst. Ich hatte mich eigentlich immer vor meinen Vater etwas gefürchtet, doch diese Angst war anders. Die Angst zerfraß mich innerlich. Angst, was hätte mein Vater getan? Mein Vater wäre blindlings auf die zwei losgestürmt und hätte versucht sie zu töten. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen als ich die ungeduldige Stimme hörte. Sie klang keuchend. Der Desian war aufgespießt worden von einem Schwert. Ich erkannte die Gelegenheit und rannte zielstrebig zum Haupttor. Es schliefen fast alle Halbelfen. Ich konnte nicht sagen, ob mich der Jemand verfolgte oder nicht. Ich hatte nur eines im Sinn, ich wollte raus aus der Farm. Doch plötzlich kam es mir in den Sinn, dass es keine gute Idee war durch das Haupttor zu flüchten. Noch während ich aufhörte zu rennen, kam der Jemand auf mich zu. Ich packte das lange Schwert und stürmte auf ihn los. Ehe ich mich versah, schlug er mir mit seinem Schwert den erbeuteten Stahl aus meiner Hand. Ich hatte erwartet, dass er mich jetzt töten würde. Anstelle dessen aber sah er mich nur an. Mein Herz begann zu pochen. Schauend in seine purpurfarbenen ruhigen Augen. Wir sahen uns einfach nur stillschweigend an. Was machte ich da? Ich sollte fliehen, nicht stehen bleiben und warten das er etwas tat. Während ich mich sammelte, griff der Fremde mein Arm und ich wollte vor Schreck einen Schrei loslassen, hätte der Mann nicht mit seiner Hand mir meinen Mund zugehalten.
„Psst. Ganz leise, “, flüsterte er, „Du willst fliehen, oder?“ Ich konnte nur nicken. Er hob mich hoch und packte mich nun am meinen ganzen Körper. Die Stellen, wo er mich berührte wurden heiß. Sah nur auf den Boden, als er mich in eine hintere Ecke der Farm trug. Dort angekommen, schaute sich der Jemand um und versicherte sich, dass niemand uns gefolgt war. Ich bemerkte, dass sein Körper sich plötzlich anders anfühlte und ehe ich mich versah, waren wir in der Luft. Flogen wir? War er einer der Diener der Göttin Martel, ein Engel?
Er setzte mich nahe an einem Fluss ab und sank leicht keuchend auf seine Knie. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung?“, erkundigte ich mich. Er nickte kurz. Ich schaute ins Wasser, dann steckte ich meine Füße hinein. Wie angenehm das Nass doch war. Ich betrachtete meine Brust, wo ein Exphere gerade dabei war sich zu entwickeln. Wie lange es wohl dauern würde, bis es erwachen würde? „Warum haben Sie mir geholfen?“, fragte ich. „Es ist weil…. Äh…. Deshalb…“ War er etwa verlegen? „Das ist keine Antwort. Naja was soll‘s. Ich bin Anna Irving und Sie?“ „Kratos…. Kratos Aurion.“ „Gut Kratos. Und was machten Sie dort in der Menschenfarm?“ „Ich wurde gefangen genommen.“ „Warum?“ „Wenn ich sterbe, werden sich die gespaltenen Welten wieder vereinigen. Darum kann mein ehemaliger Schüler mich nicht in Ruhe lassen.“ „Welten? Existiert neben Sylvarant noch eine?“ „Ja. Tethe’alla.“ „Und warum sind dann die Welten gespalten?“ „Es ist, weil mein Schüler seine ältere Schwester verloren hatte.“ „Das ist doch aber kein Grund die Welt zu spalten. Wenn Sie sein Lehrer sind, hätten Sie ihn aufhalten sollen.“ „Ich weiß. Doch ich war damals selber schockiert gewesen über ihren Tod.“ „Da ist nichts zu machen. Wenn Sie sein ehemaliger Lehrer sind, sollten Sie einen Weg finden, die Welten wiederzuvereinigen, ohne dabei Ihr Leben zu lassen.“ Mein Magen machte sich bemerkbar und mir schoss mein Blut in den Kopf. Ich hatte seit Tagen nichts mehr gegessen. Kratos bemerkte das und gab mir ein Stück altes Brot. Es schmeckte nicht sonderlich, doch wenigstens etwas zu essen.
Fortsetzung folgt...